Redebeitrag
Sehr geehrter Stadtverordnetenvorsteher,
werte Stadtverordnete,
Ich will gar nicht alles wiederholen, was ich und viele meiner Kolleg*innen in diesem Haus schon zum Thema Planstraße A vorgebracht haben. Aber ich kann das Thema, nachdem erneut durch die Kollegin eingebracht, nicht einfach so stehen lassen. Dafür löst es in mir schlicht zu viele Gefühle aus.
Da ist Wut, Traurigkeit, Ungläubigkeit, Fassungslosigkeit und ein Gefühl der Ohnmacht
Fassungslosigkeit?
Natürlich. Es ist schlicht nicht zu fassen, dass durch den Bau eines autoarmen Viertels eine Straße für Autos neben einem autoarmen Viertel gebaut werden soll.
Ungläubigkeit? Ja, natürlich! Da ist ein OB-Kandidat und Mobilitätsdezernent von Bündnis 90 und trotzdem wurde nicht verstanden, was induzierter Verkehr ist. Induzieren heißt erzeugen. Erzeugen heißt da kommt etwas hinzu, was vorher nicht da war. Bereits im ersten Semester Verkehrswirtschaft habe ich gelernt, dass neue und größere Straßen das Maß an Stau nicht dauerhaft reduzieren.
Nach einer kurzen Phase der Entlastung, werden auch hier wieder die Zustände auf der betroffenen und den umgebenden Straßen erreicht wie es vor dem Ausbau der Fall war.
Warum?
Ganz einfach. Einige Menschen in und um Darmstadt denken sich jetzt vielleicht, dass sie aufgrund der Verkehrssituation das Auto lieber stehen lassen. Und wenn sich die Verkehrssituation verbessert, dann kommen diese wieder zu dem Schluss, dass es jetzt gerade wieder lohnenswert geworden ist, das Auto zu nutzen. Zu den bisherigen Autofahrten kommen neue hinzu.
Und ja, es kommen auch Fahrten aus dem Ludwigshöhviertel hinzu; aber nicht nur. Und nein, die Menge des induzierten Verkehrs wird nicht durch den Stellplatzfaktor 0,6 im autoarmen Viertel begrenzt. So funktioniert induzierter Verkehr schlicht nicht.
Und dann ist da noch Traurigkeit.
Traurigkeit? Ja, Traurigkeit.
Die Welt steckt in Mitten von Krisen. Der Klimakrise und der Biodiversitätskrise. Und auf beide wird bei Thema Planstraße keine Rücksicht genommen. Es wird durch den induzierten Verkehr ein Mehr an Treibhausgasemissionen in Kauf genommen. Und es wird Wald vernichtet, der so schlimm sein Zustand auch sein mag, immer noch Lebensraum darstellt.
Es macht mich traurig, wenn ich immer wieder aufs neue feststelle, dass es nicht mehr als leer Worte, nicht mehr als heiße Luft ist, wenn diese Stadtregierung von Klimaschutz, von Umweltschutz spricht.
Es lässt mich mit einem Gefühl der Ohnmacht zurück. Was kann ich als einzelner Mensch tun? Und wissen Sie was, dieses Gefühl ist nicht schön.
Das Wissen, dass all die Menschen, denen es geht wie mir, nicht gehört werden. In politischen Entscheidungen nicht berücksichtigt werden. Das macht mich wütend.
Aber wissen sie, was für ein Gefühl für die Verkehrswende wirklich notwendig ist?
Es ist Mut.
Der Mut, Dinge wirklich zu verändern.
Der Mut, mit dem bisherigen zu brechen.
Der Mut, neue Wege zu gehen.
Diese Straße ist nicht alternativlos.
Doch nur wer mutig ist, kann über die gesteckten Grenzen hinausblicken. Wenn wir bis 2035 75% der täglichen Wege im Umweltverbund haben wollen, dann dürfen wir keine Straßen bauen. Dann braucht es andere Lösungen. Dannes braucht von Anfang an ein überzeugendes Mobilitätskonzept für Ludwigshöhviertel. Es braucht einen gemeinsamen Nahverkehrsplan, der das Pendeln ohne Auto möglich macht.
Mehr Menschen mit Rad und Bus sind weniger Menschen im Auto. Klingt irgendwie logisch.
Dass die Verkehrswende in Darmstadt ausgerechnet am Bau eines autoarmen Quartiers scheitert, ist nichts weiter als fehlender politischer Wille.
Und fehlender Mut.
Lassen Sie uns mutig sein.
Lassen Sie uns die Planstraßen abplanen.
Danke
Ergänzende Unterlagen:
Vorlage-Nr. SV-2023/0009: Abplanung der Planstraße zwischen Karlsruher Straße und Heidelberger Straße/Franklinstraße/Verlängerung der Cooperstraße