Maria Stockhaus

Sozial. Ökologisch. Gerecht.

Rede: Keine Falsche Sicherheit durch Videoüberwachung
28. September 2023

Sehr geehrter Stadtverordnetenvorsteher,

sehr geehrte Stadtverordnete,

Die präventive Videoüberwachung soll heute verlängert werden

Und ich frage, wie so viele vor mir, nach der Wirksamkeit dieser Videoüberwachung als auch der Videoüberwachung allgemein. Studien sprechen von fehlenden konkreten Zielen oder von falschen Zielen. Bisherige Studien können auch die häufig als Begründung angeführte Täterabschreckung nicht bestätigen. Sprechen von Verlagerung. Manche Studien sprechen von Gewöhnungseffekten. Oder auch von Ermüdungserscheinungen bei den das Material sichtenden Beamt*innen

Deutlich wird bei all diesen Studien

  1. Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen erzielt keine Wirkung
  2. Videoüberwachung auf Parkplätzen erzielt nur mit begleitenden Maßnahmen wie Beleuchtung, Umzäunung oder Sicherheitspersonal eine Wirkung

Naja, vielleicht ist das in Darmstadt ja ganz anders.

In Darmstadt gab es zwei primäre Ziele für die Einführung der Videoüberwachung

  1. Reduzierung der Begehung von Straftaten
  2. Aufklärung durch Aufzeichnung

Konnten also die Straftaten auf dem Luisenplatz reduziert werden?

Keine Ahnung. Die heutige Vorlage schweigt sich dazu vollständig aus. Kein Wort dazu. Nicht eins. Und die Antwort ist auch nicht so einfach.

Die letzte mir vorliegende Zahl stamm aus der Unterlage von 2019 und weist 143 Straftaten in 2017 aus. In 2020 waren es dann 153. 2021 im Jahr der Einführung der Videoüberwachung 212?

Wow, dass muss diese Wirkung von Videoüberwachung sein, von der immer alle reden. Und 2022 waren es dann 123 Straftaten. Das klingt nicht nach einem Trend. Oder einer konsistenten Folge des Rückgangs von Straftaten. Aber das ist, wie bereits erwähnt der heutigen Vorlage auch vollkommen egal. Diese möchte uns nur erneut für den Kriminalitätsschwerpunkt Luisenplatz sensibilisieren.

Der Herr Ordnungsdezernent als auch OB Benz machen sich nicht einmal mehr die Mühe, den Anschein zu erwecken, man wolle hier irgendein selbst gestecktes Ziel erreichen. Also eher keine Reduktion der Straftaten.

Vielleicht gibt es ja einen Erfolg bei der Aufklärung von Straftaten. Auch wenn das wirklich nichts mit Prävention zu tun hat. Nein, es gibt nicht eine Zahl zur Aufklärungsstatistik. Wie war denn die Aufklärungsrate vor der Videoüberwachung am Luisenplatz?

Und wie ist die Aufklärungsrate seit Einführung der Videoüberwachung?

Nichts? Nein, nur fast nichts.

Es steht traurig und verloren eine Zahl im Dokument: 112.

In über 700 Tagen Videoüberwachung war die selbige dazu gut 112 Videoschnipsel für polizeiliche Ermittlungen beizusteuern. Aber mit welchem Erfolg in der Aufklärung? Und wie häufig konnte die Stadtwache dank Videoüberwachung rechtzeitig eingreifen? Diese Zahlen liegen dem Dezernat nicht vor. Sind ja auch nicht wichtig für die Vorlage.

War ja nur ein Ziel der Einführung der Videoüberwachung

Die Verlängerung der Videoüberwachung wird begründet, wie die Einführung der Videoüberwachung, tut aber so, als gäbe es diese bisherigen zwei Jahre Überwachung nicht; zumindest keine Erkenntnisse daraus. Also bis auf drei genannte Einzelfälle.

Es geht also um die Fortführung einer Videoüberwachung, von der alle sagen, dass sie die Kriminalität reduziert, die das aber weder in Studien noch konkret in Darmstadt tut. Stattdessen greifen wir massiv in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ein. Und das vollkommen grundlos, wie die nicht vorhandenen Zahlen zeigen, wenn überhaupt, bekämpft Videoüberwachung Symptome aber keine Ursachen.

Und mit diesem Satz, macht der Magistrat auf besonders ekelige Art und Weise deutlich, um was es hier geht:

„Regelmäßig beobachten Bedienstete der Stadtpolizei, die in der Stadtwache die Monitore der Videoüberwachung im Blick haben, dass sich Personen in der Absicht, dort zu lagern, in den Wartebereichen des ÖPNV niederlassen und einrichten. In diesen Fällen können die Bediensteten unmittelbar den Luisenplatz aufsuchen und Platzverweise aussprechen.“

Ziel ist es, die Menschen unsichtbar zu machen, die die Gesellschaft seit Jahren im Stich lässt. Wenn ein Erfolg der Videoüberwachung die Verdrängung der Schwächsten der Gesellschaft ist, die sich der Ordnungsdezernent stolz ans Revers heftet. Dann ist klar, es geht nicht um die Behebung der Ursachen von Kriminalität, sondern nur um einen feinen weißen Deckmantel.

Wir als Linke fordern die Abschaffung der Videoüberwachung am Luisenplatz.

Statt falscher Sicherheit durch Videoüberwachung braucht es echte Sozialpolitik, um die Ursachen der Kriminalität zu bekämpfen.